Bundesgerichts-Urteil: Schwyzer Transparenzgesetz ist verfassungswidrig

Mit Urteil vom 26. Oktober 2020 gibt das BGer den Beschwerdeführern im Hauptpunkt Recht: Anonyme Spenden müssen verboten werden. Das Transparenzgesetz ist verfassungswidrig und muss nun geändert werden.

 

Das BGer hält fest, dass die Zulassung einer unbeschränkten Annahme von anonymen Spenden verfassungswidrig ist, da damit die Offenlegungspflicht einfach umgangen werden könnte. Damit erhalten die Beschwerdeführer und Initianten der Transparenzinitiative in der Hauptsache Recht. Das Bundesgericht weist ausserdem explizit auf die Verfassungskonformität der von den Initiant_innen im Kantonsrat eingebrachte Lösung hin. «Die Regelung, mit der pro Kalenderjahr insgesamt nicht mehr als 1000 Franken an anonymen Spenden angenommen werden dürfen, muss nun umgesetzt werden», so SP-Kantonsrat und Beschwerdeführer Thomas Büeler.

 

In den Nebenpunkten folgt das Bundesgericht den Beschwerdeführern leider nicht. Bezüglich des Antrags, auch Spenden in kampagnenlosen Kalenderjahren müssten offengelegt werden, sind die Feststellungen des Bundesgerichts aber trotzdem erfreulich: Die Bestimmung darf nicht zur Umgehung benutzt werden und Spenden aus anderen Kalenderjahren müssten offengelegt werden, wenn sie für spätere Kampagnen verwendet werden. «Damit ist klar: Parteien müssen jedes Jahr ihre Spendenherkunft offenlegen, sofern ihre Kampagnen nicht völlig ohne Parteigelder funktionieren – was praktisch nie der Fall sein dürfte», so Mitinitiant und Beschwerdeführer Elias Studer.

 

Irreführend ist die Darstellung der Schwyzer Regierung, dass die Beschwerde mehrheitlich abgewiesen wurde. Das Schwyzer Transparenzgesetz ist verfassungswidrig und muss überarbeitet werden. Das Kernanliegen der Beschwerdeführer wurde vom Bundesgericht mit der Unzulässigkeit von anonymen Spenden bestätigt. «Die Beschwerde war also enorm wichtig», so Studer, «mit dem Urteil ist nun sichergestellt, dass die Transparenzinitiative nicht legal umgangen werden kann». Die Initianten werden die Umsetzung auf jeden Fall weiterhin genau beobachten und erwarten, dass das Gesetz spätestens auf die nächsten Wahlen in Kraft tritt.

 

https://transparenzinitiative.ch/wp-content/uploads/2020/11/BGer_Beschwerde-gegen-das-Transparenzgesetz.pdf

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Am 30. August 2019 haben die Kantonsräte Andreas Marty, Thomas Büeler und Jonathan Prelicz folgende Kleine Anfrage eingereicht:

«Seit 2011 können auf einen Bundesbeschluss hin Spenden und Mitgliederbeiträge an Parteien in allen Kantonen von den Steuern abgezogen werden. Bei der direkten Bundessteuer liegt die Obergrenze des Abzugs bei Fr. 10 000.–. Bei den kantonalen Steuern können die Kantone die Limite selber festlegen. Bis zur Anpassung der dafür nötigen gesetzlichen Regelungen fand im Kanton Schwyz automatisch die gleiche Regelung wie bei der Bundessteuer Anwendung. Mit der Steuerrevision 2014 regelte der Kanton per 1. Januar 2015 diesen Bereich und begrenzte den Abzug auf maximal Fr. 6000.–. Da Parteispenden also schon länger vom Einkommen abgezogen werden können, wäre es umso naheliegender, dass im Gegenzug die Parteien ihre Finanzen offen legen und Transparenz in der Politik-Finanzierung gewähren. Bekanntlich verlangt dies auch das Schwyzer Stimmvolk mit der Annahme der Transparenz-Initiative und nun im Mai 2019 auch noch mit der Annahme des Transparenzgesetzes. Damit bei den Kantons- und Regierungsratswahlen vom März 2020 das Transparenzgesetz Anwendung findet, muss es erst noch in Kraft gesetzt werden. Es ist sonst üblich beschlossene Gesetze baldmöglichst in Kraft zu setzen und es überrascht, dass dies der Regierungsrat diesmal noch nicht gemacht hat. Der Regierungsrat begründet die Nichtinkraftsetzung mit der laufenden Beschwerde gegen das Gesetz. Doch bekanntlich hat die Beschwerde keine aufschiebende Wirkung und selbst die Beschwerdeführer fordern trotz ihrer Kritik am Gesetz eine sofortige Inkraftsetzung. Es überrascht zudem, dass der Regierungsrat bei der kürzlich durchgeführten Vernehmlassung des Bundes zur parlamentarischen Initiative „Mehr Transparenz in der Politikfinanzierung“ keine Stellungnahme abgegeben hat. Es ist ernüchternd festzustellen, dass der Regierungsrat scheinbar auf Bundesebene keinen Handlungsbedarf in diesem Bereich sieht, obwohl doch gerade das Stimmvolk im Kanton Schwyz nun schon zwei Mal gezeigt hat, wie wichtig ihm dies ist.
Darum unsere Fragen an den Regierungsrat:

1. Wie hoch sind die jährlichen Abzüge für Parteispenden seit Einführung des Abzuges bis heute?

2. In unserer Kantonsverfassung steht, dass für Wahlen und Abstimmungen alle Parteien ihre Finanzen offenlegen müssen. Warum setzt der Regierungsrat das vom Volk angenommene Transparenzgesetz nicht wie üblich umgehend in Kraft, obwohl doch sogar der Regierungsrat und der Kantonsrat sich für das Transparenzgesetz ausgesprochen hatten, die Beschwerde keine aufschiebende Wirkung hat und selbst die Beschwerdeführer eine sofortige Umsetzung fordern? Befürchtet der Regierungsrat vor Bundesgericht zu unterliegen?

3. Ist der Regierungsrat bereit im Falle einer allfälligen noch nicht Inkraftsetzung des Transparenzgesetzes die dafür nötigen Vorarbeiten zu erledigen, damit die Parteien sowie die Kantons-, Regierungs- und Gemeinderatskandidaten im 2020 freiwillig auf einer Homepage des Kantons ihre Transparenzangaben eintragen können?»

 

–> Hier gehts zur kleinen Anfrage (inkl. Stellungnahme der Schwyzer Regierung)

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Verfassungsmässigkeit des Transparenzgesetzes wird vom Bundesgericht überprüft

 

Teile des vom Kantonsrat erlassenen Transparenzgesetzes werden vom Bundesgericht im Rahmen eines sogenannten Normenkontrollverfahrens auf ihre Verfassungsmässigkeit überprüft. Zugleich rufen die Beschwerdeführer den Regierungsrat auf, das Transparenzgesetz sofort in Kraft zu setzen.

Am 4. März 2018 nahm die Schwyzer Stimmbevölkerung die Volksinitiative «Für die Offenlegung der Politikfinanzierung (Transparenzinitiative)» an. Die von Mitgliedern der Jungsozialist*innen und Sozialdemokrat*innen lancierte Transparenzinitiative ist damit die erste Volksinitiative im Kanton Schwyz, die seit dem Inkrafttreten der neuen Kantonsverfassung angenommen wurde.

Mit der Annahme des Initiativbegehrens sprach sich die Stimmbevölkerung für eine Demokratisierung aus: Jeder Stimmbürger und jede Stimmbürgerin soll in Zukunft erfahren dürfen, wessen Geld wo auf welche Weise Einfluss in die Politik nimmt und welche Abhängigkeitsverhältnisse bestehen. Diese Informationen über die Politikfinanzierung dienen dem Ziel, den Meinungsbildungsprozess im Rahmen von Wahl- und Abstimmungskampagnen zu fördern und so eine breite Debatte über Geld und Politik zu ermöglichen.

Im Rahmen der Ausführungsgesetzgebung zum Initiativbegehren hatte der Kantonsrat die Aufgabe gehabt, den Willen des Volkes umzusetzen und ein taugliches Transparenzgesetz zu erlassen. Die bürgerliche Mehrheit des Kantonsrates, welche sich von Anfang an gegen mehr Transparenz stemmte, hatte sich jedoch nicht am Willen des Volkes orientiert. Im Gegenteil: Er schuf ein teilweise zahnloses und verwässertes Transparenzgesetz.

Vom verfassungsmässigen Recht Gebrauch gemacht: Beschwerde erhoben

In einem föderalen Staat wie der Schweiz obliegt es der höchsten richterlichen Gewalt im Staate, kantonale Gesetze auf ihre Verfassungsmässigkeit zu überprüfen. Im Rahmen der sogenannten abstrakten Normenkontrolle können in der Schweiz alle kantonalen Gesetze vom Bundesgericht auf ihre Rechtmässigkeit hin überprüft werden.

Die Mitinitianten der Transparenzinitiative Jonathan Prelicz, Thomas Büeler, Noah Beeler und Elias Studer haben nun fristgerecht von diesem Recht Gebrauch gemacht und vor Bundesgericht eine Beschwerde gegen Teile des vom Kantonsrat erlassenen Transparenzgesetzes erhoben. Das Bundesgericht soll somit die Gelegenheit erhalten, die verfassungswidrigen Teile des Gesetzes zu überprüfen.

Die Beschwerdeführer monieren folgende von der bürgerlichen Mehrheit beschlossenen Schlupflöcher im Gesetz:

– Zulassung von der Partei gegenüber anonymen Spenden (§ 2 Abs. 3 TPG)

– Festsetzung von willkürlichen Gesamtbudgetschwellen für die Offenlegungspflicht (§ 3 Abs. 1 TPG)

– Bestimmung, wonach die Transparenzregeln nur für Spenden in Wahl- und Abstimmungsjahren gelten (§ 4 Abs. 1 TPG)

– Bestimmung, wonach die offengelegten Daten über die Finanzierung von Wahl- und Abstimmungskampagnen und Parteispenden bereits nach einem Jahr gelöscht werden (§ 14 Abs. 3 Satz 2 TPG)

Beschwerdeführer fordern sofortige Inkraftsetzung des Transparenzgesetztes

Beschwerden vor Bundesgericht geniessen keine aufschiebende Wirkung. Das heisst, angefochtene Akte und Erlasse sind – trotz Anfechtung vor Gericht – rechtskräftig und können ohne Weiteres vollzogen werden. Bis anhin hat der Regierungsrat bei kantonalen Gesetzen mit dem sogenannten Erwah-rungsbeschluss gleichzeitig den Inkrafttretensbeschluss im Amtsblatt veröffentlicht. Im Falle des Trans-parenzgesetzes hat er dies – wohl aus politischen Gründen – nicht gemacht. Der Regierungsrat möchte offensichtlich verhindern, dass das Transparenzgesetz schon für die kantonalen Wahlen vom Frühjahr 2020 gilt.

Es gibt keinen Grund, mit der Inkraftsetzung des Transparenzgesetzes zu warten. Würde das Bundesgericht den Anträgen der Beschwerdeführer folgen und diese gutheissen, könnte das Transparenzgesetz unbeschadet und ohne notwendige Änderungen vollzogen werden. Die Anträge sind nämlich so gestellt, dass alle Bestimmungen weiterhin Gültigkeit hätten. Es würden nur die Worte und Teilsätze gestrichen, die offensichtlich verfassungswidrig sind.

Es liegt also in der Hand des Regierungsrates: Will er den Willen des Volkes sofort umsetzen oder stellt er sich zum dritten Mal gegen mehr Transparenz. Es liegt voll und ganz in der Verantwortung des Re-gierungsrates, ob das Transparenzgesetz für die kommenden kantonalen Wahlen gelten wird. Der Inkraftsetzung des Transparenzgesetzes per sofort steht – unabhängig vom Verfahrensausgang –nichts im Weg. Nun braucht es einen Beweis des Regierungsrates, dass er es mit der Umsetzung des Volkswillens auch ernst meint.

–> Hier gehts zur Beschwerde (inkl. Stellungnahme der Schwyzer Regierung)